Rennbericht vom Mainova Ironman Frankfurt am 30.06.2019 von Oli:
Die Schmerzen fühlen sich noch frisch an und den Sonnenbrand habe ich mit viel Quark und After-Sun mittlerweile in den Griff bekommen. Es gibt bessere Zeiten als den heißesten Tag des Jahres um einen Ironman zu bestreiten. Mein Ziel, eine neue PB auf der Langdistanz aufzustellen, wollte ich trotz dieses Wissens nicht aufgeben, (Spoiler-alarm!) es sollte jedoch ein hoffnungsloses Unterfangen werden. Über die gesamte ‚Rennwoche‘ bot der Sommer alles auf, was er zu bieten hatte: blauer Himmel, Temperaturen jenseits der 30°C und Nächte, in denen man trotz offenem Fenster kein Auge zumacht. Die Anfahrt aus Hamburg war dank der baustellenreichen A7 und brennender Hitze etwas schwerfällig, stimmte mich aber schon vorab auf ein langes Rennen ein. Die Akklimatisierung in Frankfurt verlief problemlos und kostete dank kurzer Wege zwischen Hotel, Akkreditierung, Ironman Village und diversen Restaurants auch keine Energiereserven vor dem Rennen. Generell bietet die gesamte Organisation dieses Klassikers denselben Standard, den wir aus zentraleuropäischen Ironman Rennen wie Hamburg, Klagenfurt und Co kennen. Zwei Wechselzonen, eine am Langener Waldsee und die zweite in der Innenstadt am Mainkanal, verlangten eine etwas großzügigere Zeitplanung am Check-in Tag, es war jedoch für ausreichend Athletenshuttles gesorgt, die Teilnehmer zwischen Römerberg und T1 hin- und herchauffierten. Um die Beine zu lockern und die Fahrtüchtigkeit meines Rades sicherzustellen radelte ich am Samstag die 13 km zum Check-in und machte erst auf der Rückfahrt vom Shuttle Gebrauch. Vor Ort konnte ich mich auch gleich auf den See einstellen, der mit knapp 26°C bereits ein Neoprenverbot vorprogrammierte. Die T2 liegt zentral am Mainkanal und hat den Nachteil, dass man in der Früh vor dem Rennen nicht mehr an den Wechselbeutel kommt. Man sollte daher frühzeitig überlegen was man für den Marathon benötigt oder notfalls die Special-Needs Beutel in Anspruch nehmen. Die Anreise am Renntag gestaltete sich sehr entspannt. Shuttles fuhren kontinuierlich ab 4:00 Uhr morgens von zwei verschiedenen Stationen in der Innenstadt zum Schwimmstart und transportierten sowohl Athleten als auch Zuschauer. Vor Ort durchlief ich die übliche pre-race Routine und stellte sicher, dass am Rad alles gut befestigt ist.
Nach dem Start der Profis begannen die Veranstalter sehr zügig mit dem Rollingstart. Angenehm war, dass die Athleten sehr schnell hintereinander starten durften, unangenehm war, dass sich wie so oft Teilnehmer nicht entsprechend ihrer Schwimmleistung einordneten. Bereits auf den ersten Metern überholte ich Brustschwimmer, die sich äußerst optimistisch in der sub-1hr Gruppe positioniert hatten. Ich fand sehr schnell einen guten Rhythmus und nach 700 m zusätzlich den perfekten Wasserschatten, in den ich mich auch nach dem Australian Exit versteckte und so zu einer neuen persönlichen Bestzeit von 58:56 min schwamm.
Relativ entspannt aber mit dem nötigen Biss schnappte ich mein Rad und nahm die 185 km lange Radstrecke in Angriff. Ich nahm mir vor die erste Radrunde nicht zu schnell anzugehen und in den selektiven Passagen auch mal etwas ‚rauszunehmen‘. Auf dem 500m langen Pflastersteinabschnitt (liebevoll ‚The Hell‘ genannt) und diversen Gleisüberquerungen machte sich meine Duct tape-befestigung bezahlt. Viele meiner Konkurrenten fluchten als ihnen die Gelflaschen aus den Haltern fielen. Die ersten 150 km lief alles nach Plan, die Nahrungsaufnahme klappte gut, die Geschwindigkeit war in Ordnung und auch Kraft war noch genügend da. Nachdem ich den nördlichen Wendepunkt jedoch zum zweiten Mal passierte, brauste Gegenwind auf, wie ich ihn nur gelegentlich vom Deich kenne. Ungünstiger Weise, kam er auch noch um die Mittagszeit auf und blies mir wie ein gut-temperierter Fön ohne Versprechen auf Abkühlung entgegen. Meine Körpertemperatur ließ sich nun nicht mal mehr durch Wasserduschen an den Verpflegungsstellen nach unten bringen und ich musste leidlich anerkennen, dass sich sowohl Geschwindigkeit als auch Kraft unkontrolliert verringerten. Deprimiert vom Radsplit und demotiviert von Temperaturen um die 40°C sah ich mich mit dem Marathon konfrontiert. Erst 24 Stunden zuvor entfachten diese 42 km beinahe romantische Gefühle, nun jedoch stellte sich mir die Realität wie ein Aufgussmeister nach dem dritten Saunagang entgegen und erwartete von mir Absolution in Form vierer Gummibänder. Eines für jede Runde, die es zu laufen galt. Ich nahm mir vor dem Rennen vor, beim Laufen weniger zu trinken, da ich auf Langdistanzen schnell zu Magenproblemen neige.
Die Hitze machte jedoch jegliche Strategie zunichte, so dass ich an jedem Verpflegungsstand beherzt zu griff und die emsigen Helfer jeweils um mehrere Cola-Becher erleichterte. Auch die Einnahme der -im Wechselbeutel verstauten- Gels bedurfte einiger Überwindung, da sie mittlerweile schmeckten wie in der Mittagssonne abgestandener Apfelsaft, der im Mund Natur-Trübe entwickelt. Während sich die Laufrunden 2 und 4 teilweise beschwingt anfühlten und ich so etwas wie einen Laufrhythmus empfand, verteufelte ich in den Runden 1 und 3 die Tatsache, dass DNF keine Option ist. Nur Nadja als kompromisslose Supporterin, verlieh mir mit dern Ergebnissen des parallel-laufenden Regionalligabewerbes in Schwerin ein zwischenzeitliches Hoch. Als ich nach der vierten Runde endlich auf den Römerberg einbiegen durfte, neigte sich ein heißer, langer Tag dem Ende zu. Die anfängliche Enttäuschung über das verpasste Ziel, wich schnell der Erkenntnis, dass ich es im Gegensatz zu einem Drittel der ca. 3000 TeilnehmerInnen (gesund) ins Ziel geschafft hatte. Mittlerweile kann ich akzeptieren, dass an diesem Tag nicht mehr als 10:16:00 Std. möglich war und über den 27. Platz in meiner AK nicht hinaus zu kommen war. Ein kleines Trostpflaster war es, einen der 100 Slots für die 70.3 WM in Nizza zu ergattern, die für den Mainova Ironman Frankfurt überraschender Weise ausgegeben wurden. Damit war Frankfurt in 2019 wohl meine letzte Langdistanz aber nicht mein letzter Ironman…